• Recht & Regulierung

Stellungnahme des Bündnis faire Energiewende

Position zur Gasbeschaffungsumlage nach der Gaspreisanpassungsverordnung und zur Gasspeicherumlage nach § 35e EnWG
Das Bündnis faire Energiewende warnt vor weiteren Preisexplosionen beim Erdgas aufgrund der geplanten neuen Gas-Umlagen und empfiehlt eine möglichst weitgehende Finanzierung der Umlagen aus dem Bundeshaushalt.

Zum Hintergrund
Die Trading Hub Europe (THE) als Marktgebietsverantwortlicher hat kürzlich die Höhe der Gasbeschaffungsumlage veröffentlicht. Diese wird ab 1. Oktober 2022 für alle Verbraucher zunächst bei 2,419 Cent pro Kilowattstunde oder 24,19 EUR pro Megawattstunde liegen.

Die Bilanzierungsumlage, die Konvertierungsumlage, das Konvertierungsentgelt, das VHP-Entgelt sowie die Gasspeicherumlage wurden ebenfalls kürzlich veröffentlicht. Die Gasspeicherumlage wird, wie die Gasbeschaffungsumlage, erstmalig erhoben und es wird erwartet, dass die Bilanzkreisverantwortlichen diese Kosten ebenfalls auf die Letztverbraucher weiterwälzen.

Damit beträgt die Summe der Gasumlagen ab 1. Oktober 2022 für viele Unternehmen 2,95 ct/kWh, nachdem sie zuvor 0,05 ct/kWh betragen hatte. Die Gasumlagen für die betroffenen Unternehmen vervielfachen sich damit und kommen zu den drastisch erhöhten Marktpreisen für Erdgas hinzu.

Es ist zwar absolut richtig, auch die Gasversorger im Krisenfall zu schützen und ebenso, bei diesem Schutz möglichst weit oben in der Lieferkaskade anzusetzen. Wir fordern allerdings eine Abstützung der wirtschaftlichen Risiken der Gasimporteure durch eine direkte finanzielle Unterstützung durch den Bundeshaushalt. Denn eine weitere drastische Erhöhung der Gaspreise hätte unabsehbare wirtschaftliche Folgen für gasverbrauchende Unternehmen. Die Marktpreise für Erdgas haben sich im Vergleich zur Situation vor etwa einem Jahr bereits vervielfacht und steigen jetzt noch weiter an. Allein die Gasbeschaffungsumlage würde einzelne Unternehmen unseres Bündnisses mit bis zu 20.000 Euro Mehrkosten pro Arbeitsplatz belasten.

Auch bei der neuen Gasspeicherumlage begrüßen wir das Ziel, die Speicher vor dem Winter ausreichend zu befüllen. Die Mittel sollten zunächst aber durch eine direkte finanzielle Unterstützung durch den Bundeshaushalt bereitgestellt werden.

Konsequenzen für den energieintensiven Mittelstand
Die Gaspreise bedrohen die energieintensiven Mittelständler bereits heute ganz unmittelbar in ihrer Existenz. Im schlimmsten Fall können wichtige Wertschöpfungsketten zusammenbrechen, wobei niemand weiß, ob solche Zusammenbrüche reversibel wären oder ob wir bestimmte Produktionszweige für immer verlieren würden.

Auch einen weiteren Anreiz zum Gassparen brauchen die Unternehmen beim aktuellen Preisniveau nicht mehr. Ein zusätzlicher Aspekt ist, dass auch die Strompreise, die unmittelbar an die Gaspreise gekoppelt sind, durch die Gasumlage weiter ansteigen, geschätzt um weitere 4 Cent/KWh Strom. Auch hierdurch drohen Produktionseinbrüche, die mancherorts schon heute existenzgefährdend sind.

Insgesamt gilt: Die beschriebenen Mehrfachbelastungen gefährden energieintensive Unternehmen und dadurch den Industriestandort Deutschland massiv.

Konkrete Empfehlungen

  • Wir empfehlen, die Lasten aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren.
    Ein Ausfall oder eine Störung der Gasversorgung würden letztlich bei allen ankommen. Damit wäre es folgerichtig und gerecht, eine Stützung der Gasimporteure und das Auffüllen der Gasspeicher als gesamtgesellschaftliche Aufgaben anzugehen und nicht ausschließlich über die Gaskunden zu finanzieren. Eine steuerfinanzierte Staatshilfe für Gasimporteure könnte verbunden werden mit der Auflage, dass zukünftige sinkende Preise ebenfalls weitergegeben werden müssen. Damit könnten sowohl Verluste, als auch zukünftige Gewinne solidarisiert werden.
  • Sollte eine Haushaltsfinanzierung nicht möglich sein, empfehlen wir, frühestens ab dem Jahr 2024 eine Gegenfinanzierung über eine zeitlich gestreckte Umlage vorzunehmen.
    Bei dieser Vorlaufzeit könnten sich die Unternehmen auch Gedanken dazu machen, wie sie ihr Gas möglicherweise substituieren können. Im besten Fall durch eine direkte Elektrifizierung.
  • In jedem Fall empfehlen wir, das Energiekostendämpfungsprogramm zu verlängern und sicher zu stellen, dass auch der energieintensive Mittelstand teilhaben kann.
    Aufgrund der oben beschriebenen existenzbedrohenden Situation ist es wichtig, dass das Energiekostendämpfungsprogramm (EKDP) verlängert wird. Wesentlich ist dabei, dass auch der gesamte energieintensive Mittelstand partizipieren kann. Dieser Aspekt wurde bislang zu wenig berücksichtigt.
  • Sollten die oben genannten Vorschläge nicht umgesetzt werden können, empfehlen wir, eine individuelle Entlastungsmöglichkeit für energieintensive Unternehmen zu regeln.
    Falls es bei dem jetzt beschlossenen Umlagen-System bleibt, brauchen die energieintensiven Unternehmen eine individuelle und unbürokratische Entlastungsmöglichkeit, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Wesentlich wäre auch hierbei, dass der energieintensive Mittelstand partizipieren kann.
  • Mindestens temporäre Herausnahme des produzierenden Gewerbes aus der nationalen CO2-Bepreisung.
    Eine Herausnahme des produzierenden Gewerbes aus dem BEHG erscheint vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Belastungen jetzt zwingend geboten und würde die Entwicklungen auf europäischer Ebene reflektieren.

Stand: 23.08.2022

Zum „Bündnis faire Energiewende“ zählen:

Die Verbände im „Bündnis faire Energiewende“ vertreten branchenübergreifend mehr als 10.000 deutsche Unternehmen mit circa einer Million Beschäftigten und etwa 200 Milliarden Euro Jahresumsatz.

Der Querschnittsverband Bundesverband der Energieabnehmer vertritt zudem etwa 4.500 Unternehmen aus allen Branchen.

Das Bündnis faire Energiewende ist unter der Registernummer R001663 im Lobbyregister des Deutschen Bundestages eingetragen.

Warum die mittelständische Industrie faire Energiepreise braucht, erfahren Sie auf der offiziellen Seite.