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Vor finanzieller Überforderung des Mittelstands gewarnt

VEA macht auf drohende Folgen der CO2-Bepreisung aufmerksam / Kritik an „Webfehlern“ in der Carbon-Leakage-Verordnung

Hannover. Auf seiner heutigen Mitgliederversammlung hat der Bundesverband der Energie-Abnehmer (VEA) erneut auf die herausfordernde energiepolitische Lage für den Mittelstand in Deutschland hingewiesen und vor einer Überforderung gewarnt.

Im Hinblick auf die seit diesem Jahr erstmals eingeführte CO2-Bepreisung bewertete August Wagner, Vorstandsvorsitzender des rund 4.500 Mitglieder zählenden Verbandes: „Die Politik vertritt hier die grundfalsche Vorstellung, die Unternehmen könnten diese Zusatzbelastung an ihre Kunden einfach so weitergeben. In der Realität ist dies in den allermeisten Fällen allerdings gar nicht möglich.“

Aufgrund von internationalem Wettbewerbsdruck könnten derartige nationale Mehrbelastungen nicht in der Lieferkette weitergegeben werden, stellte Wagner fest. Aus seiner Sicht drohten „Produktionsverlagerungen ins Ausland, der Abbau von Arbeitsplätzen und fehlendes Kapital für notwendige Investitionen.“ Dieses Szenario sei alles andere als aus der Luft gegriffen, betonte Wagner, sondern spiegele sich klar auch in einer VEA-Umfrage wider, die vor kurzem durchgeführt wurde. Und Wagner fügt hinzu: „Wenn sich Produktionen ins Ausland verlagern, verschwinden die Emissionen aber nicht, sondern finden lediglich woanders statt. Das hilft dem Klima nicht!“

Kaum klimaneutrale Lösungen für industrielle Prozesswärme vorhanden

Der Unternehmer Wagner, der selbst ein Textilunternehmen in Franken führt, stellte klar, dass man auch als energieintensiver Mittelstand, den der VEA repräsentiere, für einen wirksamen Klimaschutz eintrete und sich bei diesem Thema explizit nicht gegen die Politik stelle: „Wir möchten ja weg von den CO2-intensiven Brennstoffen und hin zu klimafreundlichen Alternativen.“

Der Haken daran sei nur: „Im Bereich der industriellen Prozesswärme mit hohen und sehr hohen Temperaturen gibt es diese klimafreundlichen Alternativen zumindest heute überwiegend noch gar nicht.“ Und auch Wasserstoff, sowohl von der Menge als auch vom Preis her, sei noch zu weit weg und eine Elektrifizierung an Stelle einer Verbrennung keine wirtschaftliche Alternative, da die Strompreise selbst bei vollständiger Abschmelzung der EEG-Umlage zu hoch blieben.

Nachbesserungen bei Carbon-Leakage-Verordnung gefordert

Kein gutes Haar lässt Wagner auch an der aktuellen Fassung der Carbon-Leakage-Verordnung, die betroffene Branchen von der CO2-Bepreisung „eigentlich“ entlasten sollten. Wagner moniert an ihr „gleich mehrere wesentliche Webfehler“. Grundsätzlich müsste die Verordnung vor allem den mittelständischen Unternehmen gewidmet sein, da diese von den zusätzlichen nationalen CO2-Preisen am stärksten betroffen seien. „Aber“, betont Wagner, „nur die Unternehmen, die auf der Liste der beihilfeberechtigten Wirtschaftszeige stehen, bekommen überhaupt eine Entlastung. Und diese Liste ist nach unserer Einschätzung deutlich zu kurz.“ Auf der anderen Seite sei zudem die Entlastungshöhe für die Unternehmen, die sich auf der Liste wiederfinden, oft zu gering. Hinzu kämen der sehr hohe und komplizierte Aufwand für die Antragstellung und die verschiedenen Nachweis- und Abgrenzungspflichten. Wagner mahnt: „Es muss deutlich nachgebessert werden, wenn man es mit Carbon-Leakage und Klimaschutz ernst meint“.