- Recht & Regulierung
Position zum Energiekostendämpfungsprogramm (EKDP)
Zusammengefasst:
- Wir begrüßen eine Verlängerung des EKDP und empfehlen eine solche bis mindestens Ende 2023, denn die großen Preissprünge werden erst noch bei den Unternehmen ankommen.
- Bislang blieb das EKDP hinter den Möglichkeiten des Rahmens zurück, der durch die Temporay Crisis Framework (TCF) gesetzt wird und setzt zusätzliche hohe Hürden für die Beihilfeberechtigung. Wir empfehlen, diese Hürden nicht strenger zu fassen als die TCF-Voraussetzungen. Zudem sollte die Bundesregierung darauf hinwirken, dass der Rahmen des TCF deutlich weiter gefasst wird als bisher und somit die Mitgliedsstaaten mehr Möglichkeiten bekommen, den betroffenen Unternehmen zu helfen.
- Die Zugehörigkeit zur KUEBLL Liste, der Nachweis der Energieintensität oder ein Unternehmensverlust aufgrund der hohen Energiepreise sollten alternative Voraussetzungen für die Beihilfe sein.
- Die Beihilfemöglichkeit sollte auf weitere Energieträger jenseits von Gas und Strom erweitert werden. Dieser sind von den Preissteigerungen ebenso betroffen.
VEA-Geschäftsführer Christian Otto begrüßt, dass das EKDP verlängert wurde und sieht trotzdem Handlungsbedarf: „Die Lage für die energieintensive Wirtschaft verschärft sich von Tag zu Tag. Es ist fünf vor zwölf. Für viele Unternehmen werden die Preissprünge erst in Kürze greifbar, daher muss die Frist weiter ausgeweitet werden. Die Energiekostenbelastung für den Mittelstand muss insgesamt gebremst und bürokratische Hürden beim Beantragen abgebaut werden. Das EKDP verfolgt dahingehend zwar die richtigen Ansätze. Viele Unternehmen können allerdings noch immer nicht vom Angebot profitieren. Aus diesem Grund sollte das Programm hinsichtlich der Voraussetzungen breiter gefasst werden und zudem weitere Energieträger neben Strom und Gas berücksichtigen.“
Hintergrund
Das Bündnis faire Energiewende (BfE) begrüßt ausdrücklich, dass das Energiekostendämpfungsprogramm (EKDP) verlängert werden soll, denn die Energiepreise bedrohen den energieintensiven Mittelstand bereits heute ganz unmittelbar. Im schlimmsten Fall können wichtige Wertschöpfungsketten zusammenbrechen, wobei niemand weiß, ob solche Zusammenbrüche reversibel wären oder ob wir bestimmte Produktionszweige für immer verlieren würden. Das Bündnis
faire Energiewende rechnet damit, dass die nächsten 24 Monate entscheidend dafür sein werden, ob Deutschland trotz der aktuellen Energiekrise ein Industriestandort bleibt.
Bei vielen Unternehmen wird die volle Dramatik der Energiepreisentwicklung erst noch ankommen, wenn die aktuellen Energielieferverträge auslaufen und die Anschlussverträge ungebremst die explosiven Steigerungen der Energiepreise weitergeben. Diese Preissteigerungen werden die bisherigen Anstiege um ein Vielfaches übertreffen. Bei vielen Unternehmen wird dies voraussichtlich im Zeitraum ab diesem Herbst bis Januar 2023 ankommen. Deshalb sollte das EKDP nicht nur verlängert, sondern auch um die folgenden Punkte ergänzt werden:
- Verlängerung der Beihilfemöglichkeit bis 2023 – Krisenbeihilferahmen verbessern
Wie oben beschrieben, werden bei vielen Unternehmen die massiven Preissteigerungen erst noch ankommen.
Wir empfehlen, eine Beihilfemöglichkeit nicht nur für diesen Herbst zu verlängern, sondern bis Ende 2023. Auf eine Entfristung im Krisenrahmen seitens der Europäischen Kommission sollte entsprechend hingewirkt werden.
Auch sollte sich die Bundesregierung bei der EU-Kommission dafür einsetzen, dass die Beihilfemöglichkeit der Mitgliedsstaaten deutlich erweitert wird, indem weitere Sektoren als beihilfeberechtigt eingestuft werden und indem die Zugangskriterien alternativ und nicht kumulativ gelten.
- Beihilfemöglichkeit für weitere Energieträger jenseits von Gas und Strom
Die Beihilfemöglichkeit sollte auf weitere Energieträger jenseits von Gas und Strom erweitert werden. Diese sind von den Preissteigerungen ebenso betroffen. Das konterkariert das Ziel eines Fuel Switch, um Gas einzusparen.
Wir empfehlen, die Beihilfe auf weitere Energieträger auszuweiten. Auf eine entsprechende Erweiterung im Krisenrahmen seitens der Europäischen Kommission (EU KOMM) sollte entsprechend hingewirkt werden.
- Zugehörigkeit zur Branchenliste nach den KUEBLL nur als ein alternatives Kriterium neben anderen
Bislang waren selbst auf der ersten (also geringsten) Entlastungs-Stufe nur Unternehmen berechtigt, die einer energie- und handelsintensiven Branche nach Anhang 1 der Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2022 (KUEBLL) angehören. Diese Branchenliste beschreibt aber nur die Stromintensität. Für die gasintensiven Unternehmen trifft diese Liste keine Aussage. Zudem steht die Branchenliste stark in der Kritik, da dort - selbst bei Betrachtung nur der stromintensiven Branchen - nicht alle Wirtschaftszweige aufgeführt sind, die aufgrund ihrer Strom- und Handelsintensität in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gefährdet sind. Diese enge Vorgabe entspricht zudem nicht den zwingenden Voraussetzungen aus dem Krisenrahmen der EU KOMM, sondern wurde in der deutschen Umsetzung als nationale „Sonderhürde“ aufgenommen.
Wir empfehlen, die Zugehörigkeit zur KUEBLL-Liste lediglich als ein alternatives Berechtigungskriterium neben den Kriterien, die hier vorgeschlagen werden, aufzunehmen.
- Energieintensität nur als ein alternatives Kriterium neben anderen
Um als energieintensiv zu gelten, müssen sich die Energiebeschaffungskosten im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr auf mindestens 3 Prozent des Produktionswerts belaufen haben. Dieses Kriterium entspricht wesentlich besser der eigentlich notwendigen Einzelbetrachtung der Unternehmen im Gegensatz zu einer pauschalisierenden Branchenliste. Unklar ist auch, warum Unternehmen sowohl ihre Zugehörigkeit zur KUEBLL-Branchenliste als auch ihre Qualifikation nach der Energiebesteuerungsrichtlinie nachweisen, sich also zusätzlich noch als energieintensiv qualifizieren müssen. Diese Kumulierung erscheint nicht schlüssig, da bei den Unternehmen der KUEBLL-Liste ja bereits vorausgesetzt ist, dass sie stromintensiv sind.
Wir empfehlen, die individuelle Qualifikation als energieintensiv lediglich als ein alternatives Berechtigungskriterium neben den Kriterien, die hier vorgeschlagen werden, aufzunehmen.
- Hinzunahme weiterer alternativer Kriterien, die die Belastung hoher Energiepreise zur Grundlage haben
Das Maßnahmenpaket des Bundes zur Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung vom 3. September 2022 kündigt für Unternehmen die nicht auf der KUEBLL-Liste stehen an, dass mithilfe erweiterter Kriterien, die die Belastung durch hohe Energiepreise zur Grundlage haben, Unterstützung gewährt werden soll.
Wir begrüßen diese Ankündigung und empfehlen, auch diese erweiterten Kriterien alternativ neben den Kriterien, die hier vorgeschlagen werden, aufzunehmen.
Wir empfehlen eine Konkretisierung dahingehend, dass maßgeblich darauf abgestellt wird, dass ein Unternehmen aufgrund der Energiepreise in ein Minus gerät. Konkret also, dass die Energiepreise nicht mehr aus einem Unternehmensgewinn getragen werden können, sondern dazu führen, dass bei einem Unternehmen ein Jahresfehlbetrag entsteht.
- Zur Berechnung der Energieintensität
Aktuell muss das Unternehmen im letzten Geschäftsjahr ein energieintensiver Betrieb gewesen sein. Hierfür müssen sich die Energiebeschaffungskosten auf mindestens 3 Prozent des Produktionswertes im letzten abgeschlossenen handelsrechtlichen Geschäftsjahr belaufen. Das letzte abgeschlossene handelsrechtliche Geschäftsjahr ist das Geschäftsjahr, das vor Beginn des Förderzeitraums (1. Februar 2022) endete.
Wir machen darauf aufmerksam, dass viele Unternehmen erst durch die Preisexplosion in 2022 die Schwelle der Energieintensität erreichen bzw. überschreiten. Eine Antragstellung für eine Entlastung in 2022 ist damit aber nicht möglich.
Wir empfehlen deshalb, auch das Jahr 2022 als Referenzjahr zu ermöglichen. Soweit dieses bei Antragstellung noch nicht abgeschlossen ist, sollten Prognosen und/oder Hochrechnungen möglich sein.
- Zu den Ausschlusskriterien nach 2.2.
Unternehmen, die sich in einem Insolvenzverfahren befinden, zahlungsunfähig sind oder überschuldet, sind nicht antragsberechtigt. Die beihilferechtliche Grundlage für das Kriterium eines „Unternehmens in Schwierigkeiten“ (UiS) ist nach wie vor systematisch hoch umstritten und die Qualifikation als UiS führt zu oft dazu, dass Unternehmen Beihilfen verweigert werden, die einen Nachteil ausgleichen sollen, den das Unternehmen nicht zu verantworten hat (vor allem beim Carbon-Leakage-Schutz). Das BfE empfiehlt, dieses Kriterium nicht anzuwenden oder zumindest danach zu unterscheiden, ob ein Unternehmen sich wegen der hohen Energiepreise oder aus anderen Gründen in Schwierigkeiten befindet.
- Zu Höhe und Umfang der Leistungen nach 4.2.1.
• Das BfE empfiehlt, hier mit einem Pauschalbetrag zu fördern. Falls die Förderung an die Energiepreise angelegt werden soll, empfiehlt das BfE, hier auf einen Durchschnittswert abzustellen.
• Einschränkungen, die auf einen maximalen Prozentsatz von 80% der Verbrauchsmenge als förderfähig abstellen, sind sachlich nicht gerechtfertigt und sollten gestrichen werden.
• Das Gleiche gilt für die geplante stetige Reduktion der Beihilfe. Diese Regelung unterstellt ein absehbares Ende der Krisensituation und damit ein Abflachen der Preisentwicklung, wovon aktuell aber nicht ausgegangen werden kann. Es ist vielmehr zu erwarten, dass die Marktverwerfungen nicht innerhalb des nächsten Jahres gelöst werden können und die Kostenbelastungen daher eher zu- denn abnehmen. Deshalb sollte auch die Förderung nicht abgeschmolzen werden.
• Soweit in 4.2.1. lit. g Erdgas und Strom, die durch das Unternehmen selbst erzeugt werden, von der Beihilfe ausgeschlossen sein sollen, empfiehlt das BfE, diese Einschränkung zu streichen. Selbst erzeugter Strom ist von den teuren Gaspreisen genauso betroffen, wie Lieferstrom. Es ist deshalb kein Grund ersichtlich, hier Einschränkungen vorzunehmen.
- Zur Kumulierung nach 4.2.4.
Sämtliche hier aufgeführten Kriterien sollten konkretisiert und mittels eines Fragebogens vor Gewährung der Beihilfe abgefragt werden. Ansonsten wird kaum ein mittelständisches Unternehmen diese selbstständig und umfassend prüfen können.
Zum „Bündnis faire Energiewende“ zählen:
- Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie BDG
- Bundesverband Keramische Industrie e. V.
- Bundesverband der Energie-Abnehmer e. V.
- Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie e. V.
- Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e. V.
- wdk Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie e. V.
- WSM Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung e. V.
- Deutsche Feuerfest-Industrie e. V.
- Industrieverband Feuerverzinken e. V.
Die Verbände im „Bündnis faire Energiewende“ vertreten branchenübergreifend mehr als 10.000 deutsche Unternehmen mit circa einer Million Beschäftigten und etwa 200 Milliarden Euro Jahresumsatz.
Der Querschnittsverband Bundesverband der Energieabnehmer vertritt zudem etwa 4.500 Unternehmen aus allen Branchen.
Das Bündnis faire Energiewende ist unter der Registernummer R001663 im Lobbyregister des Deutschen Bundestages eingetragen.
Warum die mittelständische Industrie faire Energiepreise braucht, erfahren Sie auf der offiziellen Seite.