Am 6. April hat das Bundeskabinett das sogenannte "Osterpaket", beschlossen, welches zahlreiche Novellen enthält, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Der Krieg in der Ukraine hat die Dringlichkeit erhöht, die starke Abhängigkeit Deutschlands von russischen fossilen Energieträgern zu verringern und die Pläne für eine grüne Transformation umzusetzen. Das Osterpaket umfasst mehrere Gesetzvorhaben. Darunter sind die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), die Novelle des Windenergie-auf-See-Gesetzes (WindSeeG), die Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) und die Neufassung des Energie-Umlagen-Gesetzes (EnUG).
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wird geändert, um 2030 einen Anteil von 80 Prozent erneuerbarer Energien am Strommix, statt der bisher angestrebten 65 Prozent, zu erreichen. Zudem enthält die EEG-Novelle eine neue Klausel, in der anerkannt wird, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im Interesse der öffentlichen Sicherheit liegt. Im Vergleich zum letzten Entwurf des Osterpakets enthält der Kabinettsbeschluss nochmals höhere Zielvorgaben. Der angenommene Stromverbrauch für 2030 wurde von 715 TWh auf 750 TWh angehoben. Daraus folgt, dass 2030 insgesamt rund 600 TWh Strom in Deutschland aus erneuerbaren Energien bereitgestellt werden sollen. Entsprechend wurden die Ausbauziele für Wind und Solar erhöht.
Nach wie vor soll zudem die Produktion von grünem Wasserstoff und die Kapazität von Elektrolyseuren im Vergleich zu früheren Plänen verdoppelt werden – 10 GW statt 5 GW bis 2030. Der Hebel hierfür ist eine Überarbeitung der nationalen Wasserstoffstrategie, welche noch in diesem Jahr stattfinden soll.
Bereits klar ist, dass im nun anstehenden parlamentarischen Verfahren noch zahlreiche Änderungen erfolgen dürften. Der Einigung im Kabinett war ein Kompromiss zwischen Grünen und FDP vorausgegangen. Die Liberalen stimmten vorbehaltlich der jetzigen Fassung zu – merkten aber an, dass noch offene Punkte adressiert und gegebenenfalls abgeändert werden müssten. Dies betrifft unter anderem die die Zielsetzungen für den Strommarkt sowie die Rolle von CfDs im Bereich Erneuerbare.
Implikationen für den Mittelstand:
Die Energiemarktreformen, die im Osterpaket festgehalten sind, weisen darauf hin, dass die Bundesregierung sich mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien schnell vom russischen Gas abkoppeln möchte. Für mittelständische Unternehmen bedeutet dies, dass langfristig stromseitig die Energieversorgungs-Unabhängigkeit vorangetrieben und die Grundlage für eine Elektrifizierung der Produktionsprozesse gelegt wird.
Nächste Schritte:
Die drei Gesetzentwürfe werden voraussichtlich am 12. Mai 2022 in erster Lesung im Bundestag beraten und an den Ausschuss für Klimaschutz und Energie überwiesen. Eine Anhörung ist für den 31. Mai 2022 geplant. Die 2./3. Lesung ist auf den 23. Juni 2022 terminiert. Die Gesetze bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrats.
Position VEA – insbesondere zu den Drittmengen:
Der VEA hatte sich bereits im Konsultationsverfahren in zahlreichen mündlichen Fachgesprächen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und mit einer schriftlichen Stellungnahme beteiligt. Auch im jetzt kommenden, parlamentarischen Verfahren wird sich der VEA für die Interessen des energieintensiven Mittelstands einsetzen. Ein Augenmerk wird der VEA dabei nochmal auf das Thema der Drittmengenabgrenzung richten. Denn hier wird der Gesetzgeber einer Entbürokratisierung nicht gerecht, sondern baut an manchen Stellen sogar neue Bürokratie auf. So taucht im Entwurf des neuen Energie-Umlagen-Gesetz (EnUG) nun die Vorgabe auf, dass bei der Berechnung der aus dem Netz entnommenen und selbst verbrauchten Strommengen der ¼ h Maßstab (also Zeitgleichheit von Netzentnahme und Eigenverbrauch) eingehalten werden muss. Bislang galt der ¼ h Maßstab nur für den Eigenverbrauch aus der Eigenerzeugung.
Das Thema bleibt für die Unternehmen relevant, die beispielsweise eine Netzumlagen-Begrenzung (KWK- und Offshore Umlage) geltend machen. Für diese müsste nun geprüft werden, ob die bisher umgesetzten Messkonzepte den neuen Vorgaben gerecht werden. Unternehmen, die eine Netzumlagen-Begrenzung zukünftig erstmals in Anspruch nehmen (etwa weil zukünftig der unternehmensindividuelle Nachweis an die Stromkostenintensität entfällt) müssen ein Messkonzept im Zweifel neu aufbauen. Auf diese Unternehmen käme also ein großer Aufwand für eine verhältnismäßig kleine Entlastung zu.
Einen solchen weiteren Aufbau von Bürokratie sollte der Gesetzgeber den Unternehmen nicht zumuten. Dies gilt vor allem in diesen Zeiten, die für die Unternehmen geprägt ist von Energiepreiskrisen und Rissen in der Versorgungssicherheit. Hinzu kommt, dass die Unternehmen ihre Ressourcen brauchen, um die enormen Herausforderungen für die erforderliche Transformation zur Klimaneutralität zu meistern.
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